Anfang April bin ich für zwei Wochen nach Südafrika gereist. Es war für mich eine sehr spannende aber auch aufregende Reise, da sie aufgrund der Corona-Pandemie unter völlig neuen Vorzeichen stand und ich das erste Mal seit dem Ende meines Freiwilligenjahres im August 2019 nach Pretoria zurückgekehrt bin. Aber nun der Reihe nach…
Meine Reise beginnt Anfang April am Flughafen Bremen. Den Flug mit der Lufthansa, die mittlerweile wieder regelmäßig zwischen Frankfurt und Johannesburg verkehrt, habe ich erst vor wenigen Tagen gebucht und nun stehe ich schon mit gepackten Koffern am Flughafen in Bremen. Damit ich nach Südafrika einreisen darf, habe ich einen aktuellen negativen PCR-Test im Gepäck.
Dass das Reisen in Corona-Zeiten anders ist als zuvor, wird mir schnell an mehreren Stellen bewusst. Auf den Flughäfen Bremen und Frankfurt tummeln sich nun viel weniger Menschen, die Terminals sind teilweise sogar gespenstisch leer. Über Lautsprecherdurchsagen werden die Passagiere regelmäßig auf die geltende FFP2-Maskenpflicht und das Abstandhalten hingewiesen.
Beim Betreten des Fliegers wird mir schnell klar, dass hier heute längst nicht jeder Sitz belegt sein wird. Dennoch stelle ich mir die Frage, wieso man uns ausgerechnet mit mehreren Personen in einer Reihe und in mehreren Reihen hintereinander platziert, wenn doch so viele Plätze frei sind und die Flughäfen und Airlines immer wieder aufs Abstandhalten hinweisen. In diesem Punkt hat sich meine Denkweise seit Corona durchaus verändert. Letztlich nehme ich einfach einen Platz in einer Dreierreihe ganz für mich alleine ein 😉 Dort wird mir auch bewusst, dass mein heutiger Flug vielleicht zu 20-30 Prozent belegt ist – Platz genug für viele Passagiere, es sich nachts auf einer Viererbank zum Schlafen gemütlich zu machen. Der Flug verläuft sehr ruhig und entspannt. Während des gesamten Fluges herrscht Maskenpflicht und nur während des Essens darf man die Maske abnehmen.
Am nächsten Morgen ist es dann soweit und mein Flug nähert sich nach knapp zehn Stunden Flugzeit dem O. R. Tambo International Airport in Johannesburg. Während des Anflugs auf den Flughafen kommen in mir Erinnerungen an meine letzte Reise nach Südafrika hoch: Damals im August 2018 saß ich an gleicher Stelle als neuer TLF-Freiwilliger, gleichzeitig völlig unwissend und total neugierig, was mich in meinem weltwärts-Jahr erwarten wird. Auch heute ergeht es mir ähnlich, denn durch die neuen Corona-Umstände bin ich ein wenig unschlüssig, was mich vor Ort erwarten wird, aber gleichzeitig auch voller Vorfreude, wieder zurück in Pretoria zu sein.
Auch auf dem Flughafen in Johannesburg ist es viel leerer als sonst. Bei der Pass- und Einreisekontrolle muss ich ein ausgefülltes Einreiseformular, das während des Fluges ausgeteilt wurde, abgeben und mich einer Fiebermessung unterziehen. Das soll alles gewesen sein? Tatsächlich, ja – irgendwie hatte ich hier im Vorfeld viel mehr Kontrollen erwartet, mir aber scheinbar unberechtigte Sorgen gemacht. Wirklich geprüft wurden meine Angaben auf dem Einreiseformular nicht und ich wurde auch nicht nach meiner digitalen Einreiseanmeldung gefragt, aber gut… Ich verschwende keinen Gedanken mehr daran und bin nun endlich offiziell wieder in Südafrika!!!
Ab jetzt verbringe ich zwei tolle Wochen in Südafrika. Das Land befindet sich zu diesem Zeitpunkt in Level 1, was die Stufe mit den niedrigsten Corona-Einschränkungen darstellt. Dies wird mir schon nach kurzer Zeit bewusst, denn trotz Maskenpflicht in der Öffentlichkeit (anders als in Deutschland gibt es keine Vorgaben an die Maske, es reicht zum Beispiel auch ein Schal, solange Mund und Nase bedeckt sind) scheint das Land nahezu zurück im vor-Corona-Alltag angekommen zu sein. Vielleicht auch, weil die persönliche finanzielle Lage vieler Menschen es ihnen nicht erlaubt, über Monate nicht ihrer Arbeit nachzugehen. Das kann ich an diesem Tag allerdings nur schwer beurteilen und auch nicht einschätzen, in welchem Ausmaß die Wirtschaft Südafrikas bereits durch Corona getroffen wurde. Jedenfalls werden in den Straßen Pretorias an den bekannten Straßenständen Obst und Gemüse oder die leckeren Vetkoeks verkauft. Die Geschäfte und Restaurants haben regulär geöffnet. Mir fällt auf, dass nahezu alle Läden am Eingang mit Desinfektionsmittelspendern ausgestattet sind. Auch an die Maskenpflicht halten sich fast alle.
Ich genieße die Zeit sehr, denn nach vielen Monaten des Lockdowns in Deutschland ist es ein fast schon ungewohntes Gefühl von Freiheit. Mal wieder im Restaurant essen zu können oder ein Geschäft ohne Test und Termin betreten zu können hat mir irgendwie doch gefehlt und ist „Balsam für die Seele“.
Auch wenn ich dieses Mal privat und nicht im Namen der Friends nach Pretoria gereist bin, lasse ich es mir natürlich nicht nehmen, bei TLF vorbeizuschauen und dort einige Kolleg*innen aus meinem weltwärts-Jahr wiederzusehen. Auch bei TLF ist die Zeit nicht stehengeblieben, denn das Obdachlosenprojekt Akanani, bei dem ich schwerpunktmäßig eingesetzt war, ist mittlerweile vom Burgers Park in unsere ehemalige Freiwilligenunterkunft Tswelelang umgezogen und betreut die Gemeindemitglieder von hier aus. In der Haushälfte, in der unsere Hauseltern Wayne und Robinne gewohnt haben, wurde ein kleines Shelter für etwa zehn Männer von Akanani errichtet. Neben einem Gottesdienst bei Inkululeko in Salvokop besuche ich auch unsere Freiwilligen-Koordinatorin Marlies bei der Gilead Health Unit. Es ist ein schönes Gefühl, all die bekannten Gesichter nach längerer Zeit wiederzusehen.
Auch wenn ich den Großteil der zwei Wochen in und um Pretoria verbracht habe, hatte ich auch noch die Möglichkeit nach Port Elizabeth zu reisen, das seit Februar 2021 offiziell Gqeberha heißt. Es war schön, auch diese Ecke des Landes zu bereisen, da ich es während meines Freiwilligendienstes nicht in diese Gegend geschafft hatte.
Vor meinem Rückflug nach Deutschland musste ich dann erneut einen PCR-Test machen, der nach deutschen Vorgaben nicht älter als 48 Stunden vor der Einreise an einem deutschen Flughafen (in meinem Fall Frankfurt) sein durfte. Trotz dieser doch recht kurzen Frist gab es keinerlei Probleme, da auch in Südafrika mittlerweile viele Testzentren aufgebaut sind. Diese sind allerdings eher in den Ballungszentren und nur gelegentlich in den ländlichen Gegenden zu finden.
Nach zwei Wochen vor Ort machte ich mich dann auf den Weg zurück nach Deutschland, mit vielen neuen Eindrücken aber auch einigen Fragen im Gepäck.
Zugegebenermaßen habe ich scheinbar eine gute Reisezeit erwischt, da die Infektionszahlen bei ca. 1.000 Neuinfektionen und einer 7-Tages-Inzidenz von 10-15 Fällen pro 100.000 Einwohner (bei insgesamt 60 Mio. Einwohner*innen) lagen. Trotzdem frage ich mich, warum die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes für Südafrika seit Monaten unverändert sind und nicht an die aktuelle Lage vor Ort angepasst werden? Wurde die Corona-Lage in Südafrika und die sogenannte „südafrikanische Virusvariante“ (mittlerweile als Beta-Virusvariante bezeichnet, um der Diskriminierung ein Stück weit entgegenzuwirken) vielleicht etwas zu sehr dramatisiert? All diese Fragen gehen mir durch den Kopf, während ich mich auf dem Rückflug befinde und mich seelisch auf meine bevorstehende zweiwöchige Quarantäne vorbereite. Hier bei mir in Niedersachsen wie auch in den meisten anderen Bundesländern habe ich aufgrund der Einstufung Südafrikas als Virusvariantengebiet keine Möglichkeit, die Quarantäne zum Beispiel durch einen erneuten Test nach fünf Tagen vorzeitig zu beenden.
Rückblickend war es für mich wieder eine tolle Zeit in Südafrika. Trotz der ungewöhnlichen Umstände mit PCR-Tests, Maskenpflicht und Quarantäne bin ich sehr dankbar, dass ich diese Reise antreten und relativ unbeschwert genießen konnte. Ehrlich gesagt waren die zwei Wochen für mich fast zu kurz, um all die neuen Eindrücke zu verarbeiten und anzukommen.
Ich freue mich bereits auf die nächste Reise nach Südafrika, wo sich die Corona-Lage leider gerade (Anfang Juli 2021) wieder etwas zuspitzt. Jetzt im südafrikanischen Winter liegt die 7-Tages-Inzidenz bei über 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und mehr als 15.000 Neuinfektionen pro Tag. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die weltweite Situation bald allmählich erholt. Immerhin erreichen die Impfstoffe nun auch zunehmend Südafrika und andere afrikanische Länder.