Eine der wichtigsten und schönsten Aufgaben, die man als Freiwillige im Lerato House hat, ist, als Ansprechpartnerin für die Mädchen da zu sein. Dabei geht es nicht um konkrete Betreuungsgespräche wie sie die Sozialarbeiterin führt, denn das hätte ich als unausgebildete Freiwillige ja gar nicht leisten können. Vielmehr ist es wichtig, einfach ein offenes Ohr für die Mädchen zu haben. Sowohl bezogen auf Autorität als auch auf den Altersunterschied soll eine unterschwelligere Anlaufstelle entstehen, als die fest angestellten Mitarbeiterinnen sie bieten. 
Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass die Mädchen sehr offen waren und es mir leicht gemacht haben, ein solches Vertrauensverhältnis aufzubauen. Aus der täglichen Frage danach, wie es denn in der Schule war, wurden immer längere Gespräche über Freundinnen, Lehrer*innen und die großen und kleinen Sorgen des Alltags. Ich habe die immer längeren Gespräche mit den Mädchen als sehr bereichernd empfunden. Nicht nur, weil es schön war, dass sie mir so viele ihrer Gedanken, Gefühle und Alltagserlebnisse anvertrauten, sondern auch, weil sie genauso an meinen Erfahrungen interessiert waren. Deshalb kann ich meinerseits von sehr viel mehr als einem reinen Arbeitsverhältnis sprechen. Die Mädchen sind mir sehr ans Herz gewachsen und haben mir viel mit auf den Weg gegeben, wahrscheinlich mehr als ich ihnen. Das Dasein als Ansprechpartnerin bzw. die Kommunikation mit den Mädchen würde ich also als Herzstück meiner Arbeit im Projekt beschreiben. Aber wie hat sich das Ganze verändert, seit ich wieder in Deutschland bin?
Natürlich war das wahrscheinlich Schwerste daran, aus Südafrika abreisen zu müssen, dass ich mich auch von den Mädchen und Mitarbeiterinnen im Lerato House verabschieden musste. Da die Mädchen aus verschiedenen Gründen keine Smartphones besitzen, schien es zunächst ein Abschied auf unabsehbare Zeit zu sein und das fiel selbstverständlich schwer. Als ich jedoch einige Zeit nach meiner Rückreise zusammen mit den Friends auf die Idee kam, meine Workshops weiterzuführen, nahmen wir die technischen Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme noch einmal etwas genauer unter die Lupe. Glücklicherweise hatte das Lerato House während den vergangenen Wochen ein Tablet anschaffen können, das die Mädchen zum Home-Schooling, also der weiteren Teilnahme am Unterricht über das Internet während der Ausgangssperre, benötigten. Das gab uns nicht nur die Möglichkeit, wieder jeden zweiten Samstag im Videochat über verschiedene Themen zu diskutieren, sondern es ermöglicht auch einen laufenden Kontakt im Chat. So kann ich meine Aufgabe, als Ansprechpartnerin für die Mädchen da zu sein, zumindest in Teilen weiter erfüllen. Aber, ist das denn das gleiche, wie vor Ort zu sein? Natürlich nicht. Trotz der technischen Möglichkeiten kann Nähe eben nicht virtuell ersetzt werden. Immer wieder mal mit den Mädchen zu schreiben ist selbstverständlich nicht das Gleiche wie vor Ort zu sein, auf verschiedene Stimmungen und Ereignisse direkt reagieren zu können und zusammen zu scherzen und zu lachen. Vor allem sensible und intime Themen lassen sich aus fast 9000 km Entfernung eben einfach nicht so gut besprechen. Und trotzdem: Meine Rolle als Ansprechpartnerin hat sich zwar verändert, aber zumindest den Kontakt mit den Mädchen zu halten, ist mir möglich. Es ist schön für mich zu sehen, dass ich durch meine Rückreise nicht aus allen Entwicklungen herausgerissen wurde, die ich in meinem Freiwilligendienst erfahren durfte. Und sich gemeinsam mit den Mädchen auf ein Wiedersehen zu freuen, macht umso mehr Spaß.